Indirekte #Treiber des Biodiversitätsverlusts – Die Ursachen des Wandels beleuchten Prof. Sebastian Lakner, Dr. Sven Gruener, Pia Sommer & Kolleg*innen von Faktencheck Artenvielfalt.
Indirekte Treiber beeinflussen laut IPBES menschliche Entscheidungen, die sich mittelbar auf die Artenvielfalt auswirken. Indirekte Treiber lassen sich in politisch-rechtliche, wirtschaftlich-technische und gesellschaftliche Treiber unterscheiden.
Die Literatur für indirekte Treiber der Artenvielfalt in Deutschland ist teilw. lückenhaft. Kausale Zusammenhänge (d.h. Ursache-Wirkungsbeziehungen) zwischen indirekten Treibern und einzelnen Arten lassen sich oft nur mit viel Aufwand herstellen.
Politisch-rechtlich
Die Naturschutzpolitik ist der zentrale politisch-rechtliche Treiber für die Artenvielfalt u. hat in den letzten Jahrzehnten zu einem Ausbau von Naturschutzgebieten und Natura 2000 geführt. Allerdings wird der Naturschutz durch ein rechtliches Vollzugsdefizit geschwächt.
Das EU Schutznetz Natura 2000 bietet enorme Potenziale für Artenschutz. Die Umsetzung in Deutschland ist dagegen mangelhaft (🔎Vertragsverletzungsverfahren EU vs DE); Unterstützung für Landnutzer*innen ist zu kompliziert & defizitär.
Übergreifende Politiken wie die Gemeinsame Agrarpolitik GAP oder das Erneuerbare Energien Gesetz EEG wirken auf verschiedene Lebensräume, v.a. auf Agrar- und Offenland. Das EEG führt zu einseitigen Fruchtfolgen zu Lasten der Arten- und Landschaftsvielfalt.
Die GAP fördert die Artenvielfalt, schöpft jedoch das Potenzial als übergreifende Landnutzungspolitik nicht aus. Bürokratie u mangelnde finanz. Förderung führen zu Zurückhaltung von Landwirt:innen bei der Umsetzung von Artenschutz.
Spezifische Politiken wie Wasserrahmenrichtlinie WRRL oder Nährstoffpolitiken DüngeVO wirken lebensraum-übergreifend. Ihre potenzielle Wirkung kann positiv sein, aber bisher ist der Einfluss mittel bis gering. Auch hier bedarf es erheblicher Verbesserung in der #Umsetzungspraxis.
Wirtschaftlich-technische Treiber
Wachstum von Bevölkerung (+262%) und Wirtschaft (BIP +820%) ist laut IPBES ein globaler indirekter Treiber, der zu höherer Nachfrage nach Energie und Materialien führt. Die Folge: Ausbeutung nat. Ressourcen & Übernutzung von Habitaten.
In Deutschland beeinflusst der Flächenverbrauch die Artenvielfalt in den Lebensräumen. Wohnungsbau, Ausweisung von Gewerbegebieten oder Nutzung von Verkehrsflächen führen zu Flächenverbrauch, der die Artenvielfalt zurückdrängt. Positiv: Flächenverbrauch geht zurück.
Technische Entwicklungen können zu intensiver Landnutzung in Landwirtschaft & Wald führen, bieten aber auch Chancen für eine Integration von Artenvielfalt in Landnutzung. Nachhaltige, vielfältige Waldwirtschaft ist seit der Dürre 2018ff. wieder stärker in der Diskussion.
Internationale Handelsbeziehungen führen zu einem zunehmenden Auftreten von invasiven Arten, die die lokalen Arten bedrohen und verdrängen, IPBES 2023. Beispiele aus DE: Jakobskreuzkraut, Asiatische Riesenhornisse, Riesen-Bärenklau.
Die Nachfrage in Industriestaaten wirkt auf Ökosysteme in anderen Kontinenten. Handelsbeziehungen beeinflussen auch die Artenvielfalt über indirekte Landnutzungseffekte (Leakage-effects).
Nachfrage nach Palmöl erhöht den Flächendruck, die Abholzung für Plantagen reduziert Wald/Habitatflächen. Globale Umwelteffekte sollten bei Gestaltung von EU Handels- & Umweltpolitiken berücksichtigt werden.
Gesellschaftlich
Veränderungen von gesellschaftlichen Werten ist ein maßgeblicher indirekter Treiber, der auch vorteilhaft für Biodiversität wirken kann: Nachhaltiger Konsum kann Nachfrage nach biodiversitäts-freundlichen Produkten zu erhöhen und damit Artenvielfalt fördern.
Durch die Covid-19-Pandemie wird Natur nun oft mehr wertgeschätzt, bspw. als Folge von Waldspaziergängen und dem bewussteren Umgang mit Lebensmitteln (weniger Verschwendung). Dies könnte positive Folgen für Biodiversität haben.
Biodiversität steht in Verbindung mit menschlicher Zufriedenheit.