Zwei Stadtfüchse vor einer Backsteinmauer
Stadtfüchse in Berlin.
Betonstücke sind vom Bewuchs überwachsen.
Auch in Städten findet sich manchmal Wildnis, wie hier in Duisburg-Nord.

Ist dir schon mal aufgefallen, dass in Städten nicht nur viele Menschen leben, sondern auch jede Menge Tiere und Pflanzen? Urbane Räume (ein anderes Wort für Städte) spielen nämlich eine wichtige Rolle für die biologische Vielfalt in Deutschland!

Aber warum ist das so? Städte liegen häufig in Gegenden, in denen die Natur sowieso schon sehr vielfältig ist, wie zum Beispiel in Flusstälern. Außerdem sind sie wie ein großes Mosaik aufgebaut, mit vielen verschiedenen Bereichen: Es gibt bebaute graue Flächen, also Straßen und Häuser, aber auch grüne Bereiche wie Parks, Gärten und Gewässer. Hier können verschiedene Lebensräume entstehen ‒ auch ganz neue, die es in der Natur sonst nicht gibt, wie brachliegende Flächen.

So leben in manchen Städten bis zu einem Drittel oder sogar mehr der in Deutschland vorkommenden Säugetierarten, zum Beispiel Rotfüchse und Eichhörnchen. Auch viele einheimische Amphibien, wie Frösche oder Kröten, sowie Vögel, Insekten, Blütenpflanzen, und Moose fühlen sich dort wohl. Und sogar seltene und bedrohte Tierarten, wie der Gartenschläfer, finden in der Stadt einen Rückzugsort.

Doch damit eine Stadt so vielen Lebewesen ein Zuhause bieten kann, braucht es große und miteinander verbundene Grünflächen, wie Stadtwälder und Parks. Wenn diese Flächen naturnah gestaltet sind, fördern sie die Artenvielfalt. Auch bepflanzte Balkone oder begrünte Dächer helfen dabei, dass verschiedene Tiere und Pflanzen in der Stadt leben können.

Leider ist die biologische Vielfalt in Städten bedroht. Der Klimawandel, zu viele graue Beton- und Asphaltflächen, Schadstoffe in Luft und Wasser sowie invasive Arten gefährden die urbanen Lebensräume. Diese Faktoren nennt man „negative Treiber“, weil sie den Verlust von Artenvielfalt beschleunigen oder verursachen. Deshalb ist es wichtig, dass wir Naturräume in Städten schützen.

Ein Mann sitzt auf einer Bank in einem Stadtpark
Parks fördern Erholung und Wohlbefinden.

Wie beeinflussen gebietsfremde Arten die Biodiversität in Städten?

Vielleicht hast du schon mal einen Waschbären in der Stadt gesehen. Aber wusstest du, dass diese Tiere eigentlich nicht aus Deutschland kommen? Sie gehören zu den gebietsfremden Arten, weil sie irgendwann aus einem anderen Land hierhergebracht wurden. Heute fühlen sie sich in Deutschland aber wie zu Hause.

Städte sind oft ein Hotspot für solche Tiere und Pflanzen, die früher nicht hier lebten. Das liegt daran, dass es hier viele Menschen gibt, die durch Reisen und Verkehr immer wieder neue Arten mitbringen. Außerdem pflanzen wir in Parks und Gärten oft exotische Bäume, Sträucher und Blumen. Das ist nicht unbedingt schlecht, aber manche von ihnen breiten sich so schnell aus, dass sie einheimische Arten verdrängen ‒ dann nennt man sie invasive Arten.

Aber wie wirken sich gebietsfremde Arten auf die städtische Biodiversität aus? Oft wissen wir das noch nicht, zum Beispiel beim Waschbären. Es gibt bisher nicht ausreichend Studien, um genau zu sagen, ob diese Tiere und Pflanzen grundsätzlich schlecht für die heimische Artenvielfalt sind. Manchmal haben sie sogar positive Effekte! Zum Beispiel profitieren einige Tiere von der Rot-Esche oder exotischen Blumen, die Bienen auch dann Nektar bieten, wenn viele heimische Pflanzen schon verblüht sind.

Übrigens: Auch Hauskatzen gelten als gebietsfremd. Durch ihren ausgeprägten Jagdinstinkt schaden sie in Städten dem Bruterfolg von Vögeln. Deswegen wäre es gut, Katzen weniger frei herumlaufen zu lassen – auch wenn viele Katzenbesitzer das nicht so gerne hören.

Der Klimawandel beeinflusst ebenfalls das Leben in Städten. Durch zunehmende Hitze und Trockenheit bekommen viele einheimische Pflanzen Probleme. Gebietsfremde Arten aus wärmeren Ländern, wie der Gingko-Baum, kommen dagegen oft besser damit zurecht. Die Ausbreitung solcher Bäume kann jedoch wiederum das Leben anderer Lebewesen verändern ‒ zum Beispiel von Insekten, die auf Bäumen leben.

Ein Götterbaum
Invasive Arten wie der Götterbaum breiten sich in Städten schnell aus.

Welche Auswirkungen hat die Bodenversiegelung auf urbane Lebensräume?

Stellt euch vor, eure Stadt wächst immer weiter. Es entstehen neue Häuser, Straßen und Parkplätze. Klingt nach Fortschritt, oder? Aber für die biologische Vielfalt ist das ein großes Problem! Denn wenn wir Straßen und Häuser bauen, bedecken wir den Boden mit Asphalt oder Beton. Das nennt man Bodenversiegelung. Besonders in großen Städten mit über 50.000 Einwohnern passiert das immer häufiger. Aber warum ist das schlecht? Das hat mehrere Gründe:

  •   Grünflächen verschwinden: Wo früher Pflanzen wuchsen, ist jetzt eine graue Wüste.
  •   Wasser kann nicht versickern: Bei Regen fließt das Wasser schnell ab, anstatt im Boden zu versickern.
  •   Die Stadt wird (noch) heißer: Beton und Asphalt speichern Sonnenwärme stärker als Grünflächen, und es fehlt zudem der kühlende Effekt von Bäumen und anderen Pflanzen. Das nennt man den städtischen Wärmeinsel-Effekt.

Diese Veränderungen schaden der biologischen Vielfalt, weil dadurch Lebensräume für Tiere und Pflanzen zerstört werden. Besonders spezialisierte Arten, die auf bestimmte Lebensräume angewiesen sind und nicht woanders leben können, leiden darunter. Ein weiteres Problem sind die vielen Glasscheiben in Städten, denn Vögel sehen sie nicht und fliegen dagegen. Jedes Jahr sterben etwa 5 % der Vögel in Deutschland durch solche traurigen Unfälle.

Durch Bebauung und Versiegelung wird die Landschaft zerschnitten und Grünflächen voneinander isoliert. Auch das hat Auswirkungen auf die Tier- und Pflanzenwelt. Für größere Tiere oder Arten, die sich nicht so gut an neue Bedingungen anpassen können, ist das ein großes Problem ‒ wie Frösche oder Schnecken. Sie kommen nicht mehr von einer grünen Insel zur anderen. Aber es gibt auch Tiere und Pflanzen, die besser damit klarkommen: Sehr mobile Arten wie manche Vögel oder Insekten können Barrieren besser überwinden. Manchmal ziehen sogar neue, gebietsfremde Arten wie der Götterbaum oder die Beifuß-Ambrosie in diese isolierten Grünflächen ein.

Eine Straßenecke mit Parkhaus von oben betrachtet
Durch Versiegelung verschwinden natürliche Lebensräume in Städten.

Wie wir urbane Lebensräume schützen und Städte zu Naturparadiesen machen können

Ihr wisst jetzt, wie wichtig Städte für die Artenvielfalt sind. Und würdet ihr nicht auch lieber in einer grünen Stadt leben, statt in einer grauen Betonwüste? Eigentlich ist das gar nicht so schwer zu erreichen! Es gibt viele Möglichkeiten, wie wir unsere Städte in Naturparadiese verwandeln können.

Möglichkeiten, die Natur in der Stadt zu fördern

Grünflächen schaffen und schützen

Parks, Stadtwälder und kleine Grünstreifen sind wie Oasen im grauen Häuserlabyrinth. Je mehr grüne und unbebaute Flächen wir haben und je besser sie miteinander verbunden sind, desto wohler fühlen sich Pflanzen, Tiere ‒ und auch wir!

Naturnahe Gestaltung

Grünflächen wie Parks oder Gärten sollten so gestaltet werden, dass sie Tieren und Pflanzen einen guten Lebensraum bieten. Zum Beispiel durch das Pflanzen von einheimischen Baumarten oder das Anlegen von Teichen und wilden Blumenwiesen.

Bäume Pflanzen

Straßenbäume, Streuobstwiesen und urbane Wälder sind wichtig für den Naturschutz in Städten.

Grünflächen auf Häusern

Die Begrünung von Dächern, Fassaden und Balkonen schafft Rückzugsorte für Vögel und Insekten – und sieht außerdem viel schöner aus.

Brachflächen schützen

Alte Fabrikgelände oder andere ungenutzte Flächen bieten oft wertvolle Lebensräume, weil sie von der Natur zurückerobert werden.

Monitoring

Durch regelmäßige Beobachtungen der städtischen Artenvielfalt können wir herausfinden, wie es den Tieren und Pflanzen in der Stadt geht und wo Verbesserungen nötig sind.

Umweltbildung

Mitmach-Projekte wie Gemeinschaftsgärten helfen, das Bewusstsein für die Natur in der Stadt zu stärken.

Auch ihr könnt dazu beitragen, unsere Städte grüner und lebendiger zu machen und andere über den Schutz der Stadtnatur zu informieren. Denn grüne Städte sind nicht nur wichtig für die Tier- und Pflanzenwelt – sondern auch für uns Menschen.

Städte bieten nicht nur Menschen einen Lebensraum. Ihre Rolle für die biologische Vielfalt in Deutschland wird immer größer. Eichhörnchen und Rotfuchs, aber auch bedrohte Arten wie der Siebenschläfer, finden hier ein neues zu Hause.