Faktencheck Artenvielfalt
Küsten & Küstengewässer
Küsten und Küstengewässer sind durch ständigen Wandel und eine Vielzahl von Nutzungen charakterisiert. Zusätzlich zu bestehenden Einflüssen wie Küstenfischerei, Tourismus, Offshore-Windenergie, Aquakultur sowie Nähr- und Schadstoffeinträgen werden in den kommenden Jahrzehnten Veränderungen durch den klimawandelbedingten Temperatur- und Meeresspiegelanstieg die Artenvielfalt entlang unserer Küsten beeinflussen. Diese Veränderungen zu messen und Konsequenzen für uns Menschen abschätzbar zu machen, stellt in diesem sich ständig wechselnden Lebensraum eine besondere Herausforderung dar. Der Faktencheck Artenvielfalt hat die Daten, die an unterschiedlichsten Institutionen erhoben und ausgewertet werden, zusammengetragen und ein umfassendes Bild bereits geschehener und zu erwartender Veränderungen in Artengemeinschaften der Küsten erstellt und deren Folgen für den Menschen abgeschätzt.
Im Meer können sich Arten – begünstigt durch Meeresströmungen und wenige echte Hindernisse – oft schneller ausbreiten als an Land und bei sich ändernden Umweltbedingungen bis zu einem gewissen Grad „mitwandern“. Deshalb sind Meeresökosysteme weltweit bisher mehr mit einem Austausch (Verlust ursprünglicher und Zugewinn neuer Arten), als mit dem Aussterben von Arten konfrontiert. Solche Veränderungen der Artenzusammensetzung können dennoch weitreichende Folgen für das Funktionieren des jeweiligen Ökosystems haben. Wenn sich durch den Austausch etwa die Größenzusammensetzung des Nahrungsnetzes ändert, können sich wichtige Prozesse, wie der Ertrag bestimmter Gruppen (z. B. Speisefische), massiv verändern. Wie quantifiziert man allerdings die biologische Vielfalt, die natürlich von Jahr zu Jahr schwankt, sich ständig verändert und deren Messung dazu stark von Faktoren wie Messzeitraum, Probenahmeaufwand und natürlich der jeweiligen Artengemeinschaft abhängt?
Die in den letzten Jahren geführte wissenschaftliche Diskussion darüber hat klargemacht, dass die bisher vielfach verwendeten Maße, wie Änderung der Zahl aller oder bestimmter Schlüsselarten, kaum widerspiegeln können, welche Veränderung der Biodiversität sich an einem Standort und global vollzieht. Dafür bedarf es eines Ansatzes, der lokale Änderungen in einen regionalen Kontext stellt. Nur wenn man verschiedene Aspekte der Veränderung von Artenvielfalt auf mehreren räumlichen, zeitlichen sowie ökologischen Skalen betrachtet, wird man ein annähernd umfassendes Bild erhalten. Dann kann man neben den lokalen Veränderungen auch testen, ob Küstenökosysteme sich durch menschliche Aktivitäten lokal verändern oder sich regional immer ähnlicher werden. Unterscheiden sich lokale Artengemeinschaften verschiedener Standorte nicht mehr, führt dies zu einem Verlust der Anpassungsfähigkeit.
Für die Organismen der Küstengewässer, aber auch der Küstenlandschaften (Dünen, Salzwiesen), hat der Faktencheck Artenvielfalt die Daten verschiedener Monitoring-Programme zusammengetragen sowie die Ergebnisse sowohl wissenschaftlich publizierter als auch unveröffentlichter Auswertungen aufbereitet und bewertet. Auf Grundlage dieser Zusammenstellung über Organismengruppen von Einzellern bis zu Wirbeltieren haben wir für die Artenvielfalt dieses Lebensraums eine Abschätzung der Folgen laufender Entwicklungen durchgeführt und Handlungsoptionen für den Naturschutz aufgezeigt.