Faktencheck Artenvielfalt
Urbane Räume
Mit einer weltweit zunehmend urban lebenden Bevölkerung stehen urbane Siedlungsräume vor großen Herausforderungen. Sie spielen auch eine globale Rolle hinsichtlich Biodiversität und Mensch-Natur-Verhältnis. Viele Städte weltweit haben sich in Regionen hoher ursprünglicher Standortdiversität angesiedelt, daher überlagern sie sich oft mit „Hotspots“ von Biodiversität. Der Urbanisierungsprozess kann dabei auch zur Einwanderung von gebietsfremden Arten führen, mit potenziell negativen Konsequenzen. Der Klimawandel kann hier ein weiterer wichtiger negativer Einflussfaktor sein. Demgegenüber ist die Bereitstellung von Ökosystemleistungen durch Biodiversität wichtig für Städte. Gleichzeitig wird der fortschreitende Verlust der Mensch-Natur-Interaktionen zunehmend thematisiert. Dies kann eine entscheidende Rolle bei der Gestaltung der Zukunft der Biodiversität spielen.
Die durch den Urbanisierungsprozess bedingte Einwanderung von gebietsfremden bzw. nichtheimischen Arten kann unerwünschte Auswirkungen auf andere Arten, Lebensgemeinschaften oder Biotope haben – in dem Fall spricht man von „invasiven“ Arten. Wir beobachten dadurch weltweit eine Homogenisierung der urbanen Artenvielfalt in Parks, Gärten und Wiesen, auch wenn die Gesamtzahl der Arten in urbanen Räumen möglicherweise zunimmt. Hitze- und Trockenwellen, eine daran angepasste Bepflanzung und damit einhergehend gleiche Genpools, einheitliches Management und ähnliche Präferenzen in der Artenwahl werden diesen Trend noch verstärken. Die Auswirkungen dessen verstehen wir bisher nur unzureichend.
Die Bereitstellung von Ökosystemleistungen durch städtische Biodiversität ist von großer Bedeutung für die urbane Bevölkerung. Es wird oft von der „Rückkehr der Natur in die Stadt“ gesprochen. Stadtgärtner*innen säen bienenfreundliche Blühpflanzen in ihren Beeten oder auf Verkehrsinseln. In der „essbaren Stadt“ werden Zucchini und Tomaten im öffentlichen Raum angebaut. Gleichzeitig wird jedoch der fortschreitende Verlust der Interaktionen zwischen Mensch und Natur (sogenannte „extinction of experience“) zunehmend thematisiert. Dieser Verlust „verringert nicht nur den wichtigen Nutzen, den die Menschen aus diesen Interaktionen ziehen, sondern kann auch ihre Unterstützung für Politik und Managementmaßnahmen zur Förderung der Biodiversität untergraben und somit eine wichtige Rolle für die Zukunft der Biodiversität spielen“.1
Die Daten und Fakten zur urbanen Biodiversität sind leider weder zentral archiviert noch lückenlos oder vollständig erhoben. Eine systematische Analyse dieser Fakten im Faktencheck Artenvielfalt hat zur Schließung von Wissenslücken über Ursachen, Mechanismen, Trends und Konsequenzen des urbanen Artenverlusts, der „Artenrückkehr“ und der Verbreitung invasiver Arten beigetragen.
Referenzen
1Gaston, KJ, Soga, M. Extinction of experience: The need to be more specific. People Nat. 2, 575– 581 (2020) https://doi.org/10.1002/pan3.10118