BiodiWert
Sicherung der Biodiversität durch nachhaltig bewirtschaftete Teichlandschaften in der Lausitz
Fischteiche werden als „Sahnestücke“ des internationalen Arten- und Biotopschutzes betrachtet und gelten als Hotspots der Artenvielfalt. Am Beispiel der Lausitzer Teichlandschaften soll in Brandenburg und Sachsen mit einem inter- und transdisziplinären Ansatz erforscht werden, wie diese wertvollen Kulturlandschaften, deren Biodiversität und Ökosystemleistungen gesellschaftlich stärker in Wert gesetzt und somit langfristig gesichert werden können.
Von Menschen angelegte Fischteiche und die sie verbindenden Fließe und Kanäle haben über die Jahrhunderte zur Diversifizierung von Lebensräumen geführt. Sie stellen heute in agrar- und infrastrukturell veränderten Landschaften für zahlreiche Tier- und Pflanzenarten die letzten Refugien dar und sind zugleich Hotspots der biologischen Vielfalt. Darüber hinaus erbringen fischereilich bewirtschaftete Teiche zahlreiche Ökosystemleistungen, wie z. B. Nahrungsversorgung, Nährstoffrückhalt, Wasserregulation, Verbesserung des Mikroklimas und Schaffung kultureller Identifikation.
In Deutschland werden aktuell etwa 23.000 ha teichwirtschaftliche Nutzfläche fischereilich bewirtschaftet. Bewirtschafter*innen stehen jedoch vor zunehmenden Herausforderungen, zu denen enge gesetzliche Vorgaben, eine Abnahme der Nachfrage nach Karpfen sowie der Populationszuwachs bestimmter geschützter Arten gehören. Deshalb sind sowohl die Anzahl der Betriebe als auch die erzeugte Fischmenge seit etwa 30 Jahren stark rückläufig. Damit sind nicht nur Arbeitsplätze in ländlichen, dem Strukturwandel unterworfenen Regionen Deutschlands bedroht, sondern auch Biodiversität und Ökosystemleistungen dieser einzigartigen Kulturlandschaften stark gefährdet.
Am Beispiel der Lausitzer Teichlandschaften, dem deutschlandweit größten zusammenhängenden Teichgebiet, soll in den Ländern Brandenburg und Sachsen mit einem inter- und transdisziplinären Ansatz erforscht werden, wie diese ökologisch wertvollen Kulturlandschaften langfristig gesichert werden können. Das Projekt „TeichLausitz“ wird durch das Institut für Binnenfischerei e.V. Potsdam-Sacrow (IfB), die Verwaltung des UNESCO-Biosphärenreservates Oberlausitzer Heide- und Teichlandschaft (Staatsbetrieb Sachsenforst, BROHT), das Internationale Hochschulinstitut Zittau der TU Dresden (IHI-TUD) und das Thünen-Institut für Fischereiökologie in Bremerhaven (TI) unter Einbindung von Praktiker*innen aus Verwaltung, Unternehmen und Zivilgesellschaft umgesetzt. Die Arbeiten erfolgen in sieben Modulen und vereinen sozial- und naturwissenschaftliche Kompetenz mit betriebswirtschaftlicher Expertise und Praxiswissen.
Mit Hilfe von Experteninterviews, Literaturrecherchen und Stakeholderbefragungen werden relevante Governancestrukturen und Politikinstrumente Brandenburgs sowie des Freistaates Sachsen vergleichend analysiert. Unter Einsatz konventioneller und innovativer Methoden (Lebenszyklusanalysen, eDNA, typical farm approach) werden Biodiversitätsmuster und maßgebliche Ökosystemleistungen unterschiedlich bewirtschafteter Teiche identifiziert und bewertet sowie die Auswirkungen bestehender Regularien und Politikmaßnahmen auf die Wirtschaftlichkeit von Fischereiunternehmen und auf die Artenvielfalt in Einzelteichen und Teichgebieten erfasst und beurteilt. In einer länderübergreifenden Multi-Stakeholder-Plattform werden Projektansätze mit betroffenen Akteuren kritisch reflektiert und weiterentwickelt, wobei wiederum innovative Verfahren (liberating structures) zum Einsatz kommen.
Ausgehend von Ansätzen für eine Transformation des sozial-ökologischen Systems Lausitzer Teichlandschaften zielt das Projekt „TeichLausitz“ darauf ab, Teichlandschaften, deren Biodiversität und Ökosystemleistungen gesellschaftlich stärker in Wert zu setzen, das heißt ihre vielfältigen Werte in relevante Entscheidungsprozesse öffentlicher und privater Entscheidungsträger stärker einzubeziehen. In ihrer Gesamtheit münden die Forschungsaktivitäten in die Entwicklung von Empfehlungen zur weiteren Gestaltung von Governancestrukturen und Politikinstrumenten, um auf diese Weise Wege zum Erhalt fischereilich bewirtschafteter Teichlandschaften und damit der Artenvielfalt und Ökosystemleistungen dieser Kulturlandschaften aufzuzeigen.