Faktencheck Artenvielfalt
Bodenbiodiversität
Der Boden beherbergt einen substanziellen Anteil der gesamten Artenvielfalt, etwa 25 % aller beschriebenen Arten weltweit leben im Boden. Dabei konnte bisher nur ein Bruchteil dieser Vielfalt wissenschaftlich dokumentiert werden. Im Rahmen des Faktenchecks Artenvielfalt untersucht die Kapitelgruppe „Bodenbiodiversität“ die biologische Vielfalt der Böden in Deutschland. Dazu fassen wir den derzeitigen Wissensstand zur Verbreitung der Bodenbiodiversität zusammen und identifizieren deren Haupttreiber und Gefahren. Weiterhin möchten wir Konzepte zum Monitoring von Bodenbiodiversität erarbeiten und Lösungsstrategien entwickeln, um die biologische Vielfalt und Funktionsweise von Böden nachhaltig zu fördern.
Der Boden ist schwer zugänglich und beherbergt eine große Vielfalt von Organismen – von Mikro- bis Makroorganismen und von terrestrischen bis zu aquatischen Organismen. Dies hat bisherige Bemühungen erschwert, ein zufriedenstellendes Verständnis davon zu entwickeln, wie die biologische Vielfalt im Boden verteilt ist, welches die wichtigsten Treiber für diese Vielfalt sind, wie sie sich über die Zeit verändert und welche Rolle Endemismus (das Vorkommen von Arten nur in abgegrenzten Gebieten) spielt1. Eine ganzheitliche Erfassung der Bodenbiodiversität erfordert deshalb spezifische Expertise, gesonderten Aufwand und die Integration von Informationen, die durch sehr unterschiedliche methodische Ansätze gewonnen werden, von molekularen Analysen der Vielfalt von Organismen und funktionellen Genen bis hin zu klassischen Extraktionsmethoden der Makrofauna. Dementsprechend wurde Bodenbiodiversität bisher nur in wenigen Erhebungen zur biologischen Vielfalt erwähnt (aber beispielsweise im Bodenreport des Bundesamts für Naturschutz aus dem Jahr 2021) und wird von Entscheidungsträger*innen oft nicht berücksichtigt, wenn es etwa um die Ausweisung von Naturschutzgebieten geht2. Diese Tatsache ist besonders bedenklich, weil die Bodenbiodiversität eine entscheidende Rolle für die Bereitstellung vieler wichtiger Ökosystemleistungen spielt, wie zum Beispiel die Aufreinigung von Wasser, die Bodenfruchtbarkeit und die Speicherung von Kohlenstoff3.
Im Rahmen des Faktenchecks Artenvielfalt werden wir bereits erhobene Daten synthetisieren, um unter anderem die Konsequenzen von Umweltveränderung sowie von Natur- und Artenschutzmaßnahmen für die Bodenbiodiversität zu untersuchen. Ziel ist eine umfassende Synthese spezifischer Treiber (z. B. Landnutzungsänderung, Pestizideintrag, Klimawandel), der Wirkung von Maßnahmen (z. B. Bodenbearbeitung, Inokulation, Fruchtfolge) sowie deren Wechselwirkungen für die Bodenbiodiversität in Deutschland. Nur große Datensätze (z. B. Edaphobase oder LUCAS) erlauben es, die Biodiversität im Boden ganzheitlich über verschiedene Umweltbedingungen und Landnutzungstypen hinweg zu erfassen. Basierend auf diesen Erkenntnissen entwickeln wir gezielt Lösungsstrategien für den Erhalt und die Förderung von Bodenbiodiversität durch förderliche Landnutzungstypen und Managementstrategien.
Referenzen
1Phillips, H. et al. Red list of a black box. Nat Ecol Evol 1, 0103 (2017) https://doi.org/10.1038/s41559-017-0103
2Cameron, E.K. et al. Global mismatches in aboveground and belowground biodiversity. Cons. Biol. 33, 1187-1192 (2019) https://doi.org/10.1111/cobi.13311
3Geisen S., Wall D.H., van der Putten W.H. Challenges and Opportunities for Soil Biodiversity in the Anthropocene. Curr. Biol. 29, R1036-R1044 (2019) https://doi.org/10.1016/j.cub.2019.08.007